Die Geschichte des Bieres
Bier ist so alt wie die menschliche Kultur
Vergorener Brotteig war mit großer Wahrscheinlichkeit der Ausgangspunkt für die Herstellung eines Getränks, das wir als erstes Bier bezeichnen können. Überliefert ist das in Bildern und Keilschrift der alten Sumerer, die um 4000 vor Christus im Gebiet zwischen Euphart und Tigris siedelten. Als die Sumerer, das älteste Kulturvolk dieser Erde, an stehengelassenem Brotteig den Gärvorgang wahrnahmen, ihn zu wiederholen verstanden und damit „brauten“, hatten sie das Bier entdeckt.
Um 4000 v. Chr.: Der Abdruck eines Siegels, das im Norden des Iraks gefunden wurde, ist wohl der erste und älteste Nachweis des Verzehrs von Bier. Es zeigt zwei Personen, die mit Hilfe abgebogener Röhrchen aus einem großen Krug (Bier?) trinken.
3500 bis 3100 v. Chr.: Amerikanische und kanadische Archäologen untersuchten Scherben eines zweihenkeligen sumerischen Krugs. Sie fanden in den kreuzweise verlaufenden Kerben gelbliche Rückstände. Diese enthielten Calciumoxalat – ein Bestand es Biersteins.
3500 bis 3000 v. Chr.: 900 Flußkilometer südlich von Kairo gelegen, entdeckte 1988 der amerikanische Anthropologe Jeremy Geller Überbleibsel einer ganzen Brauerei.
Um 2500 v. Chr.: Beim Bau der Pyramiden Cheops, Chevren und Mykerinos in Giseh ( 10km westlich von Kairo) stehen jedem Arbeiter pro Tag 3 bis 4 Laib Brot, 2 Krüge Bier und etwas zu – die Pyramiden sind auf Brot und Bier gebaut.
Um 2250 v. Chr.: Eine ägyptische Dienerfrau aus dem Grab des Djaschas zeigt einen Bierbrauer in kurzem Arbeitsschurz, der sich vorbeugt, um die gärende Maische (Würze) durch ein großes Korbsieb in ein Tongefäß mit Ausguß zu drücken.
Um 1900 v. Chr.: In Mesopotamien kannte man 20 verschiedene Biere. Acht davon wurden aus Emmer, acht weitere aus reiner Gerste und vier aus einem Getreidegemisch hergestellt, und zwar als Dünnbier, feines weißes Bier, rotes Bier, Schwarzbier und Primabier. Da die damaligen Biere nicht klar und blank (also nicht gefiltert) waren, benutzte man Röhrchen.
Um 1800 v. Chr.: Hymne an die Biergöttin Ninkasi (Babylonien); zugleich eine Beschreibung der Bierhestellung.
Um 1700 v. Chr.: Der Codex Hammurapi (1728- 1686 v. Chr.) , die älteste Gesetzessammlung der Welt, enthält auch Anordnungen über die Herstellung und den Verkauf von Bier und die Höchstpreise von Bier und Umrechnungsbestimmungen von Getreide zu Bier.
Um 1400 v. Chr.: Bestätigung der Lieferung einer größeren Biermenge in Nippur (Irak):
• 46 Teile bestes Qualitätsbier
• 85 Bier minderer Qualität
• 2 hochwertige Gefäße (Bierkrüge)
• 1 zweites Qualitätsgefäß (Bierkrug)
• 8 Teil Malz
Um 800 v. Chr.: Ältester Nachweiß der Bierbereitung auf deutschem Boden durch Funde von Bieramphoren der früheren Hallstattzeit. Fundort ist Kasendorf bei Kulmbach.
Um 300 n. Chr.: Ein Bierverlegerstein, der in der Nähe von Trier gefunden wurde, belegt, dass Bier bereits in den ersten Jahrhunderten n. Chr. eine gängige Handelsware war.
500 bis 1500 n. Chr.: In den ersten Jahrhunderten nach Chr. bis zum Ende des Mittelalters war das Bierbrauen ebenso wie das Brotbacken Sache der Frauen. Gelang ein Sud besonders gut, lud die „Dame des Hauses“ ihre Nachbarinnen zum Bierkränzchen ein. Ein Brauch, aus dem wohl später das Kaffeekränzchen entstand.
768: Dem Bier in seiner heutigen Beschaffenheit und nach unserem Geschmack begegnet man erstmals durch die Verwendung von Hopfen als Würz- und Haltbarkeitsmittel.
814: Der Klosterplan von St. Gallen entsteht. In diesem Plan sind drei Brauereien eingezeichnet:
• Brauerei und Bäckerei der Pilgerherberge: Das Conventus-Bier für Gesinde und die Bettler gebraut
• Brauerei und Bäckerei des Gästehauses: Das Cervisia-Bier, das alltägliche Haferbier, ist für Mönche und Pilger vorgesehen.
• Brauerei der Mönche: Das Celia, ein kräftigeres Bier, ist für den Abt und die hohen Gäste gedacht.
Mit Hilfe von Bier „als flüssigem Brot“ kamen die Menschen gut über die wochenlange Fastenzeit hinweg, in der wenig gegessen wurde. Das Benediktinerkloster von St. Gallen wurde zum Maßstab für die Gründung vieler anderer Klöster (und Kosterbrauereien)
Um 1400: Die älteste Darstellung eines Bierbrauers ( in Deutschland) findet sich im Handbuch der Mendelschen Zwölfbrüderstiftung zu Nürnberg.
Um 1516: Am 23. April 1516 erläßt Wilhelm IV., Herzog in Bayern, auf dem Landesständetag zu Ingolstadt die Vorschrift, das zur Herstellung von Bier „allain Gersten, Hopfen und Wasser genommen und gepraucht sölle werden“ – Ursprungsjahr des bayerischen Reinheitsgebotes für Bier, des ältesten Lebensmittelgesetz der Welt, das bis zum heutigen Tag gültig ist.
1810: Erstes Oktoberfest.
1821: Erste Dampfmaschine in einer Brauerei (bei Spaten in München)
1835: Erstes Frachtgut der ersten Eisenbahnlinie von Nürnberg nach Fürth: zwei Fässer Bier.
1842: Am Martinstag, dem 11 November 1842, wird in der Stadt Pilsen erstmals untergäriges Bier „Pilsner Brauereiart“ ausgeschenkt. Braumeister ist Josef Groll aus Vilshofen.
1873: Carl von Linde (1842 – 1934) führt die Kältemaschine ein. Er schafft damit die Voraussetzung für die ganzjährige Herstellung von untergärigen Bieren – die bei niedrigen Temperaturen und um den Gefrierpunkt reifen – , unabhängig von der Außentemperatur und der Jahreszeit.
1881: Emil Christian Hansen (1842 – 1909) gelingt es als erstem, eine einzelne Bierhefezelle zu isolieren und in Reinzucht zu vermehren.
1906: Das bayerische Reinheitsgebot für untergäriges Bier erlangt für alle Länder des damaligen deutschen Reich Gültigkeit.
1919: Durch den amerikanischen Kongreß wird ein Gesetz „gepeischt“, das die Verwendung von Nahrungsmittel zur Erzeugung alkoholischer Getränke untersagt. Die Prohibition beginnt.
1933: Die Prohibition hat kläglich versagt. Sie wird aufgehoben: „Happy days are back again“.
1987: Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes über den freien Warenverkehr innerhalb der Europäischen Gemeinschaft dürfen in Deutschland auch EG-Biere auf den Markt gebracht werden, die nicht dem Reinheitsgebot entsprechen.
1996: Weltweite Biererzeugung: 1,266 Milliarden Hektoliter. Deutschland liegt mit 114,2 Millionen Hektolitern an dritter Stelle (hinter den USA und der VR China). Deutscher Bierverbrauch je Einwohner: 131,1 Liter ( damit an zweiter Stelle hinter der Tschechischen Republik).
Bis heute gültig ist der berühmte Ausspruch von Paracelsus: „All´ Ding sind Gift und nichts ist ohne Gift, allein die Dosis macht, daß ein Ding zum Gift wird.“
Das bayerische Reinheitsgebot und die Geschichte des Bieres
Es war am 23. April 1516 auf dem Landständetag zu Ingolstadt als vom bayerischen Herzog Wilhelm IV., der Bierpanscherei ein Ende setzte. An diesem Tag erlässt er die Vorschrift, dass zur Herstellung von Bier nur Gerste, Hopfen und Wasser verwendet werden darf.
Das bayerische Reinheitsgebot ist somit die älteste lebensmittelrechtliche Vorschrift der Welt die dem Schutze des Verbrauchers dient und bis zum heutigen Tage gültig ist.
Die Existenz der Hefe war damals noch nicht bekannt. Man verließ sich auf spontan einsetzende Gärungen durch die Hefe in der Luft.
Das Reinheitsgebot für Bier hat folgenden Wortlaut (Auszug):
„Wie das Bier im Sommer und Winter auf dem Land ausgeschenkt und gebraut werden soll“
Wir verordnen, setzen und wollen mit dem Rat unserer Landschaft, daß forthin überall im Fürstentum Bayern sowohl auf dem Lande wie auch in unseren Städten und Märkten, die keine besondere Ordnung dafür haben, von Michaeli bis Georgi eine Maß (bayerische Maß = 1,069 Liter) oder ein Kopf (halbkugelförmiges Geschirr für Flüssigkeiten = nicht ganz eine Maß) Bier für nicht mehr als einen Pfennig Münchener Währung und von Georgi bis Michaeli die Maß für nicht mehr als zwei Pfennig derselben Währung, der Kopf für nicht mehr als drei Heller ( Heller = gewöhnlich ein halber Pfennig ) bei Androhung unten aufgeführter Strafe gegeben und ausgeschenkt werden soll. Wer diese unsere Anordnung wissentlich übertritt und nicht einhält, dem soll von seiner Gerichtsobrigkeit zur Strafe dieses Faß Bier, so oft es vorkommt, unnachsichtlich weggenommen werden.
Wo jedoch ein Gauwirt von einem Bierbräu in unseren Städten, Märkten oder auf dem Lande einen, zwei oder drei Eimer ( = enthält 60 Maß ) Bier kauft und wieder ausschenkt an das gemeine Bauernvolk, soll ihm allein und sonst niemandem erlaubt und unverboten sein, die Maß oder den Kopf Bier um einen Heller teurer als oben vorgeschrieben ist, zu geben und auszuschenken.
Gegeben von Wilhelm IV.,
Herzog von Bayern,
am Georgitag zu Ingolstadt
Anno 1516