Flachsanbau: Vom Blauen Allgäu zum Grünen Allgäu: Eine Historie der landschaftlichen Veränderung
Die Ära des blühenden Flachs im Allgäu bis zum 19. Jahrhundert
Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts prägte der blühende Flachs, auch als Lein bekannt, das charakteristische Landschaftsbild des Allgäus. Die Bauernfamilien waren nicht nur mit dem Anbau, sondern auch intensiv mit der Weiterverarbeitung des Flachses beschäftigt. Jedes ländliche Haus im Allgäu besaß früher eine Webstube oder einen Webkeller, in dem der angebaute Flachs nach der Feldarbeit zu Hause weiterverarbeitet wurde. Über viele Jahrhunderte hinweg bildete die Leinenweberei neben der Viehzucht ein zweites Standbein für die Bauernfamilien. Obwohl die Einkünfte bescheiden waren, half die Leinenweberei, die Familien vor größter Not zu schützen.
Der Wandel im 19. Jahrhundert – Vom Blauen Allgäu zur Baumwollkrise
Im 19. Jahrhundert wurde das Allgäuer Leinen durch die günstigere Baumwolle verdrängt, was zu Verarmung und bitterer Not führte. Zahlreiche Familien wanderten aus diesem Grund nach Amerika aus. Erst durch die visionären Entscheidungen von Karl Hirnbein und Johann Althaus, die auf die Umstellung zur Milchwirtschaft setzten, konnte die Allgäuer Landwirtschaft wieder aufblühen. Diese Umstellung ermöglichte es den Bauern, auch mit der Produktion von Käse bedeutende Einnahmen zu erzielen. Somit markierte dieser Wandel den Übergang vom „Blauen Allgäu“ (Flachs blüht blau) zum „Grünen Allgäu“ – dem Allgäu der Weidewirtschaft.
Das Erbe bewahren – Das „Blaue Land“ um Murnau am Staffelsee heute
Heute wird die Region um Murnau am Staffelsee als „Das blaue Land“ bezeichnet, als Hommage an die einstige Ära des blühenden Flachses. Diese geschichtsträchtige Region erinnert an die Wurzeln des Allgäus und zeigt, wie der Wandel von damals das heutige „Grüne Allgäu“ geformt hat – eine Landschaft geprägt von Weidewirtschaft und nachhaltiger Landnutzung.